Aktuell
Aktuelle Nachrichten des bvvp – BW
Aktuelles zum BSG Urteil NFD
- 26. Oktober 2023
Liebe Mitglieder,
der Vorstand der KV Baden-Württemberg hatte die Ärzteschaft am 10.10.2023 informiert, dass der Entscheid des Bundessozialgerichtes Kassel bezüglich der Sozialversicherungspflicht der Poolärzte im Bereitschaftsdienst am 24.10.23 fallen wird.
Wir alle hatten gehofft, dass das Gericht eine frohe Botschaft verkünden wird. Nun ist das Gegenteil eingetreten: Die Poolärzte gelten als sozialversicherungspflichtig und stehen mit sofortiger Wirkung dem Bereitschaftsdienst in der bisherigen Form nicht mehr zur Verfügung. Für viele von uns ist das eine Katastrophe!
Wir wollen Ihnen hier eine kurze Handreichung zur Einordnung und zum Umgang mit der aktuellen Situation geben. Natürlich haben wir in den letzten Tagen vermehrt Mitgliederanfragen dazu erhalten und werden Ihnen auch weiterhin, soweit möglich, mit Rat zur Seite stehen.
Zur Situation: Die Ausgangslage wurde im Anschreiben der KV dargelegt, und wir ersparen Ihnen einen zweiten Aufguss dazu. Soweit uns bekannt, sind alle vorherigen umfangreichen Vermittlungsversuche auf bundespolitischer Ebene mit Kontakten in die Bundesministerien für Arbeit und Gesundheit nicht zu einer Lösung gekommen. Dennoch bleibt es schwer zu verstehen, dass von gesetzgeberischer Seite auf eine organisatorische Belastung des Bereitschaftsdienstes mit vermutlich starker Auswirkung auf die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten nicht proaktiv reagiert wurde. Diese Vorgänge liegen jedoch nicht in unserer Reichweite als bvvp-BW. Unser Engagement bezieht sich auf die Mitwirkung in den Kommissionen für Bereitschaftsdienst auf Landesebene und natürlich über die Vertreterversammlung der KVBW. Es gibt aber Aussagen darüber, dass das Bundesarbeitsministerium nun mit dem Gerichtsurteil beginnen wird, eine Lösung zu erarbeiten.
Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass Poolärzte vorgegebene Strukturen und Gerätschaften nutzen, auch die bei der KV angestellten MFAs, dass sie in ihrer Tätigkeit fremdbestimmt sind, kein unternehmerisches Risiko tragen und eine Mindestvergütung erhalten. All dies widerspricht einer selbstständigen Tätigkeit.
Da es sich um eine gerichtliche Entscheidung handelt und da wir qua Berufsrecht ausnahmelos als niedergelassenen Ärzt*innen zur Durchführung des Bereitschaftsdienstes und Aufrechterhaltung unseres dafür notwendigen Kenntnisstandes verpflichtet sind, haben wir deshalb nicht zu Protest oder Streikaktionen aufgerufen.
Derzeit werden etwa 40 Prozent der Bereitschaftsdienstlast durch Poolärzte getragen.
Als erste Konsequenz hat die KVBW mit sofortiger Wirkung alle bestehenden Vereinbarungen mit den Poolärzten gekündigt. Dafür wurden durch die Kreisbeauftragten bereits alternative Dienstpläne erstellt, die nur dienstverpflichtete niedergelassene Ärzt*innen beinhalten. Hierfür und für die Maßnahmen der „Notbremse“ wurde von der VV der KVBW ein unumstrittener Vorratsbeschluss gefasst. Diesen tragen wir politisch als unausweichliche Maßnahme mit.
Damit Sie sich nochmal detaillierter ins Thema Bereitschaftsdienst einlesen können, hier ein link auf die KVBW-Webseite:
https://www.kvbawue.de/praxis/notfalldienst/notfalldienst-von-a-z
und zur aktuellen Situation:
https://www.kvbawue.de/praxis/aktuelles/notbremse-notfalldienst
Weiterhin hat die Sondervollversammlung der KVBW vom 24.10.23 eine Resolution verabschiedet, die die Politik dringlich auffordert, die ambulante Versorgung zu entlasten und die Versorgung mit Bereitschaftsdienst und unkomplizierten Vertretungsmöglichkeiten zu ermöglichen.
Was können Sie tun, wenn Sie eingeteilt werden und sich fachlich nicht in der Lage sehen, einen Bereitschaftsdienst durchzuführen?
Da Ihre Wahrscheinlichkeit, im Dienstplan eingeteilt zu werden, erheblich steigt, müssen wir alle erreichbar sein und verfolgen, ob wir eingeteilt werden. Jeder kann aber den Dienst durch einen persönlichen Vertreter ableisten lassen. Konkret bedeutet das: Die dienstverpflichteten ÄrztInnen stehen zwar weiterhin mit ihrem Namen im Dienstplan, der Stellvertreter oder die Stellvertreterin melden sich dann am Diensttag zum Dienst per Telefon in ihrem Bezirk an (Fahrdienst) und übernehmen den Dienst. Die Abrechnung erfolgt über die LANR des im Dienstplan Genannten, und der Vertreter stellt nach dem Dienst eine Rechnung an ihn. Dieses Vorgehen ist gut bekannt, weil Organisationen wie z. B. das Ärzteteam Luppe in Südbaden schon seit Jahren so arbeiten. Wer also über einen solchen organisierten Dienst Vertretung hat, für den ändert sich gar nichts. Persönliche Vertreter können alle ÄrztInnen sein, die sich das zutrauen und die notwendige Qualifikation haben. Das sollte eigentlich jeder, der sich persönlich vertreten lässt, prüfen (z. B. in welchen Kliniken, in welchen Fächern, wie lange schon tätig etc.). Es ist aber davon auszugehen, dass sich nun vorrangig die Poolärzte für eine persönlichen Vertretung melden, und diese sind von der KV bereits geprüft!
Und: Es ist kein Notarztdienst, es ist ein hausärztlicher Dienst, außerhalb der Sprechzeiten. Es sind keine Spezialkenntnisse erforderlich.
Wenn Sie sich selbst den Dienst zutrauen, dann können Sie natürlich die Räumlichkeiten und die Infrastruktur und die Gerätschaften der Notfallpraxen nutzen. Sie müssen den Dienst nicht in der eigenen Praxis leisten.
Die letztendliche Verantwortung liegt beim offiziell diensthabenden Arzt oder der Ärztin, und diese/r müsste im Ernstfall auch die Haftung für Fehler übernehmen. Auch wenn der/die VertreterIn nicht zum Dienst erscheint, ist der oder die im Dienstplan genannte Person natürlich verantwortlich. Für Nichterscheinen zum Dienst wird in der Regel eine Aufwandpauschale für die Vertretersuche in Höhe von 1.000 € fällig. Disziplinarische Maßnahmen erfolgen nur nach wiederholten Auffälligkeiten.
Die zweite Möglichkeit ist der Versuch der Dienstabgabe innerhalb der BD-online Diensttauschbörse.
Schließlich möchten wir Sie bitten, sich regional in Ihren Kreisärzteschaften umzuhören und mit den Kreisbeauftragten abzustimmen, da diese jeweils unterschiedliche Modelle der Krisenkoordination etablieren werden.
Fazit:
Es bleibt spannend, und unser aller Puls ist erhöht, wenn wir daran denken. Aber wir bleiben optimistisch, dass sich mit der Zeit neue entlastende Regelungen finden werden. Der Vorstand der KV ist jedenfalls intensiv dabei, sich neue Organisationsstrukturen zu überlegen, die den Mitgliedern bestmöglich entgegenkommen, auch vor allem in Bezug auf Vertretungsmöglichkeiten. Dabei ist klar, dass die bisherigen Angebote deutlich reduziert werden.
Eine Lösung könnte sein, dass der Gesetzgeber innerhalb kürzester Zeit merkt, dass die Sicherstellung des Bereitschaftsdienstes dann nicht mehr funktioniert und dass eine gesetzliche Ausnahmeregelung zur Sozialversicherungspflicht verabschiedet wird. Hierfür gibt es nämlich schon eine Vorlage bei den im Rettungsdienst Tätigen!
Herzliche Grüße,
Der Vorstand des bvvp-BW und Ilse Zimmermann als Mitglied der Notfalldienstkommission